Stehende Ovationen für die Johannespassion der Kantorei Eschwege
VON KRISTIN WEBER (Werra Rundschau vom 5.4.2022, Eschwege)
Eschwege – Zwei Jahre lang waren nicht mehr so viele Menschen in der Neustädter Kirche in Eschwege zusammengekommen. Allein 80 Sänger und Sängerinnen standen auf der Bühne – der Chor der Eschweger Kantorei zusammen mit dem Kammerchor: 20 Orchestermusiker des Barockensembles „L’Arco” aus Hannover und fünf Solisten.
Dies waren: Lena Langenbacher (Sopran), Thomas Riede (Alt), Martin Lattke (Te- nor), Michael Roman (Bass), Stephan Heimann (Bass). Das ebenfalls zahlreich erschienene Publikum erlebte kurz vor Ostern eine feierliche Aufführung der “Johannespassion” von Johann Sebastian Bach, wie sie sein sollte. Allerdings hatten die Veranstalter immer noch größtmögliche Vorsicht walten las-
sen. Alle Künstler waren negativ getestet, und für das Publikum galt die 3G-Regel mit Maskenpflicht. So stiegen die Choräle mit epischer Schönheit in den gotischen Kirchenraum auf und übersetzten das Leiden Jesu in vielstimmigen Klang.
Mal erschollen sie wie der Chor der Engel im himmlischen Jerusalem oder sie ver- liehen dem Zorn der Volks- massen auf den Straßen des irdischen Jerusalems Aus- druck, die mit erdrückender Anklage auf Jesus Christus eindrangen. Am Schluss wur- den die Melodien elegisch und der Chor betete seufzend und voller Hoffnung auf das ewige Leben: ,,Ach Herr, lass dein lieb Engelein am End die Seele mein in Abrahams Schoß tragen, den Leib in seinem Schlafkämmerlein gar sanft ohne eigene Qual und Pein ruhn bis an die letzten Tage! Als denn vom Tode letzten erwecke mich …”
Die Johannispassion zu singen ist für einen Chor ein Kraftakt, gibt Chorleiterin Susanne Voss zu. “Es ist ein sehr anspruchsvolles Werk, aber es packt die Zuhörer”, sagt die Kirchenmusikdirektorin. Für den Chor waren die Proben besonders schwierig, denn es konnten nicht alle gemeinsam proben, und wenn, dann nur mit Abstand. “Das hieß für die Sänger, dass jeder viel selbstständiger singen musste, niemand konnte sich an seinen Nebenmann oder seine Nebenfrau dran hängen”, sagt Susanne Voss. “Dadurch hat sich viel verändert. Wir alle haben sehr viel Eigenständigkeit dazuge lernt. Das hat man im Konzert gemerkt, denke ich. Die Sänger waren alle sehr aktivmit dabei.”
Vom Publikum gab es stehende Ovationen und lang anhaltenden Applaus. Denn genau wie die Sänger es genossen hatten, nach zwei Jahren wieder live zu singen, genoss es das Publikum, wieder ein großes Stück vor Ort erleben zu können.