Eine Friedensmesse in der Neustädter Kirche
Eine kalendarisch günstige Konstellation machte es möglich, am Tag des Mauerfalls vor 30 Jahren, dem 9. November 2019, die Friedensmesse des walisischen Komponisten Karl Jenkins (*1944) in der Neustädter Kirche in Eschwege aufzuführen. Gemeinsam mit dem Bachchor Mühlhausen sangen der Kammerchor und die Kantoreijugend Eschwege begleitet von der Kammerphilharmonie Weimar und unter der Leitung von KMD Susanne Voß das Werk „The Armed Man – A Mass for Peace“.
Kombiniert mit Texten von Rudyard Kipling, Tōge Sankichi und Alfred Lord Tennyson, Psalmtexten und Auszügen aus einem indischen Heldenepos sowie dem Ruf des Muezzins zum Gebet bildet die römisch-katholische Liturgie mit Kyrie, Sanctus, Agnus Dei und Benedictus den Rahmen des Werkes.
Ursprünglich war die Messe den Opfern des Kosovokrieges gewidmet. Und obwohl die zugrundeliegenden Texte zum Teil bis zu 2000 Jahre und älter sind, ist der Inhalt des Werkes bis heute aktuell. Die Genese eines Krieges vom Aufwiegeln des Volkes, über die Segnung der Waffen und deren Träger bis hin zu Kampf, Verstümmelung, Trauma und Tod, ist durch die Jahrhunderte vergleichbar.
Karl Jenkins hat solches Geschehen in unvergleichlicher Weise in Musik umgesetzt. Der stimmgewaltige Chor beherrschte zusammen mit den Instrumentalisten der Kammerphilharmonie Weimar – angepasst an die jeweilige Situation – alle dynamischen Nuancen vom ohrenbetäubenden fortissimo bis zum fast unhörbaren pianissimo.
Die Solisten Constanze Hirsch (Mezzosopran) und Stephan Heinemann (Bariton) aus Leipzig eröffneten das Werk mit dem titelgebenden an Marschmusik erinnernden Satz „L´homme armeé“. Es folgte der Kontrast durch Abdelhamid Alsharbaji (Dresden), der als Muezzin eindringlich mit klarer schöner Stimme zum Gebet rief. In besonders einfühlsamer Weise ließ Constanze Hirsch gegen Ende des Werkes in ihrer Arie „Now the guns have stopped“ Verzweiflung und Einsamkeit des Überlebenden erklingen. Karl Jenkins Musik verbunden mit den stellenweise drastischen Texten riefen beim Zuhörer Bilder im Kopf hervor, sodass er sich gelegentlich fast in einem Theaterstück wähnte.
Das Werk endete mit dem Aufruf zum Frieden: „Better is Peace….“ Chor, Solisten und Orchester gaben der Hoffnung mit den gesungenen Worten aus der Offenbarung des Johannes (…“Gott wird abwischen alle Tränen….“) Ausdruck..
Nach kurzer absoluter Stille und Nachdenklichkeit setzte ein verdienter, nicht enden wollender Applaus mit Standing Ovations ein.
Das Konzert wurde am folgenden Tag in Mühlhausen wiederholt. Diesmal unter der Leitung von Kantor Oliver Stechbart (Mühlhausen), der das Stück mit dem Bachchor einstudiert hatte. Die Zusammenarbeit über die ehemaligen Grenzen hinaus verbunden mit dem Gefühl der Zusammengehörigkeit kann – wie man an diesem Konzert festmachen konnte – mehr bewirken als viele Reden.
Zu danken ist an dieser Stelle der Bürgerstiftung Werra-Meißner, dem Förderkreis für Kirchenmusik Eschwege e.V., dem Evangelischen Gesamtverband Eschwege sowie dem Kirchenkreis Eschwege, ohne deren Förderung das Konzert nicht möglich gewesen wäre!